Staufenberg-Daubringen
vom 20.11. bis 15.12.2025
Fremd. Neu. Aber sicher.
(kurze Pause, tief atmen)
Ich bin an einem Ort,
wo alles für mich fremd ist.
Neu.
Aber sicher.
Aber was heißt überhaupt sicher?
Ich höre keine Bomben mehr.
Keine Schüsse mehr.
Kein Glas, das zerbricht.
Keine laut leidenden Menschen mehr.
Stattdessen höre ich Stimmen.
Stimmen, die mich „Ausländer“ nennen.
Stimmen, die mich „Terrorist“ nennen.
Stimmen von Politiker:innen, die mich und meine Familie ein „Problem“ nennen.
Nur weil ich von einem anderen Ort komme.
Nur weil ich eine andere Religion habe.
Nur weil ich leben wollte.
Leben – wie jeder Mensch.
Und dann frage ich mich:
Sollte ich doch sterben?
Sollte ich doch keine Sicherheit suchen?
Sollte ich meine Rechte als Mensch einfach abgeben?
(Pause – Blick ins Publikum)
Ich hätte mir nie gedacht,
dass mitten im Krieg zu stehen
manchmal leichter ist,
als mitten unter Menschen,
die mich nicht akzeptieren.
(Pause)
Ignorieren.
Die mich nicht sehen.
Nicht als Mensch.
Sondern als Nummer.
Ich vermisse mein Zuhause.
Nicht nur, weil ich dort geboren bin.
Nicht nur, weil ich meine Kindheit dort verbracht habe.
Ich vermisse es,
weil es der letzte Ort war,
an dem ich ich selbst sein konnte.
Wo ich nicht erklären musste, wer ich bin.
Wo ich nicht kämpfen musste.
Wo ich einfach – sein konnte.
Doch jetzt bin ich hier.
Und hier muss ich kämpfen.
Nicht mit Waffen.
Nicht mit Gewalt.
Sondern mit meiner Stimme.
Mit meinen Rechten.
Mit meiner Hoffnung.
Ich kämpfe nicht nur für mich.
Ich kämpfe für uns alle.
Denn ich bin nicht allein.
Viele sind diesen Weg gegangen.
Seit Jahren.
Seit Jahrzehnten.
Seit Generationen.
Wir sollten Menschen für Menschen sein.
Denn Menschen mit Migrationshintergrund –
sind nicht das Problem.
Das Problem ist,
wie man mit ihnen umgeht.
Ros
(Pause – lauter werden)
Also kommt mit.
Unterstützt uns.
Kämpft mit.
Denn was in der Vergangenheit geschehen ist,
darf nie wieder passieren.
Die Menschlichkeit darf nicht untergehen.
Und wir können das nur gemeinsam schaffen.
(Pause – ruhig werden)
Ich kann sechs Sprachen sprechen.
Aber noch nie habe ich mir so viel Mühe gegeben,
eine Sprache zu lernen,
wie die deutsche.
Nicht, weil es leicht war.
Sondern weil ich mich erklären musste.
Weil ich nicht im Schatten bleiben wollte.
Weil ich meine Stimme erheben musste.
Sei es auf der Straße – bei Demonstrationen.
Sei es durch ein gutes Beispiel im Alltag.
Oder sei es hier –
durch Literatur, durch Worte,
durch diesen Moment,
auf dieser Bühne.
Heute stehe ich hier.
Vor euch.
Mit meinem Text.
Mit meiner Geschichte.
Nicht als Nummer.
Nicht als Problem.
Sondern als Mensch.
(lange Pause, leise)
Fremd.
Neu.
Aber sicher.
Sicher – für alle.
Ros